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TREFF.PUNKT. Marketing · 11.11.2024 · mit Dr. Simone Burel

Warum soll ich auf meinen Onlinemarketing-Kanälen gendern?

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Podcast-Cover: TREFF.PUNKT Marketing Folge 12 - Bild mit den Moderatoren Sabine und Markus

Erscheinungsdatum: 

Folge: 12

Thema: Warum soll ich auf meinen Onlinemarketing-Kanälen gendern?

Hosts: Markus Bockhorni, Sabine Saldana Bravo

Im Gespräch mit: Dr. Simone Burel ist Gründerin der ersten linguistischen Unternehmensberatung Deutschlands und Expertin für gendersensible Kommunikation.

Podcast und Interview mit Dr. Simone Burel

Profilbild unseres Podcast-Gastes Dr. Simone Burel
Zu Gast in dieser Folge: Dr. Simone Burel

In dieser Folge diskutieren wir mit der Autorin und Gründerin der ersten linguistischen Unternehmensberatung Dr. Simone Burel die Bedeutung und Herausforderungen der gendersensiblen Sprache im Marketing und in der Unternehmenskommunikation. Wir erfahren, wie gendersensible Sprache die Wahrnehmung von Marken beeinflusst, insbesondere bei jüngeren Zielgruppen und der LGBTQI-Plus-Community.

Als Hands-On verrät uns Simone die 7 Touchpoints gendersensibler Sprache in Stellenanzeigen, wie ein Leitfaden Unternehmen bei der konkreten Umsetzung helfen kann, ob auch englische Termini gegendert werden sollten – und welche großen Brands richtig gut auf ihren Websites gendern.

Worüber wir in dieser Podcast-Episode sprechen

  • Was genau ist eigentlich gendergerechte Sprache?
  • Warum ist gendergerechte Sprache im Marketing wichtig?
  • Beeinflusst gendergerechte Sprache die Wahrnehmung einer Marke oder eines Unternehmens?
  • Die 7 Touchpoints gendersensibler Sprache
  • Was sind die größten Herausforderungen für Unternehmen?
  • Wo soll es bei der Umsetzung am besten anfangen?
  • Woran können sich die Kommunikationsabteilungen orientieren?
  • Wo geht die Reise hin?
  • Gibt es ein Beispiel, bei dem gendergerechte Sprache besonders gut umgesetzt wurde?
  • Was ist die wichtigste Frage, die sich Unternehmen stellen sollten, wenn Sie sich für oder gegen „das Gendern“ entscheiden?

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Experteninterview mit Dr. Simone Burel zum Thema: Gendergerechte Sprache im Onlinemarketing

Dr. Simone Burel ist promovierte Sprachwissenschaftlerin, Gründerin der Linguistischen Unternehmensberatung LUB und Geschäftsführerin der Diversity Company. Im Interview erklärt sie, warum gendersensible Sprache im Marketing kein Nice-to-have mehr ist, welche Risiken Unternehmen beim Gendern unterschätzen – und warum ein kurzer Sprachleitfaden die nötige Sicherheit in der Kommunikation bringt.

eMBIS: Simone, was genau ist gendergerechte Sprache?

Simone: Ich selbst spreche inzwischen lieber von gendersensibler Sprache. Der Begriff „gendergerecht“ wirkt oft moralisch aufgeladen – und genau das erzeugt bei vielen Menschen Abwehr. Gendersensibel ist neutraler. Es geht schlicht darum, das Geschlecht sprachlich sichtbar zu machen – also nicht nur von „Mitarbeitern“ oder „Chefs“ zu sprechen, sondern zum Beispiel von „Mitarbeitenden“, „Führungskräften“ oder durch Doppelnennungen wie „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, über die wir auch heute noch sprechen werden.

eMBIS: Warum ist gendersensible Sprache gerade im Marketing relevant?

Simone: Weil Sprache Emotionen weckt und Zielgruppen aktiviert. Besonders junge Menschen unter 35, Frauen sowie Menschen aus der LGBTQIA+-Community achten stark darauf, ob Unternehmen gendern – und ob sie Diversität ernst meinen. Wer diese Gruppen erreichen will, sollte sich mit gendersensibler Sprache auseinandersetzen.

eMBIS: Was bedeutet das konkret für Unternehmen?

Simone: Ein Beispiel: In Stellenanzeigen sehen wir regelmäßig, dass Begriffe wie „Manager (m/w/d)“ verwendet werden – das reicht nicht. Studien zeigen, dass konsequent gendergerechte Sprache – also im gesamten Text – die Bewerbungsquote von Frauen deutlich steigern kann. In unseren Projekten waren es bis zu 33 %. Und das lässt sich auf andere Kanäle übertragen, etwa die Karriere-Seite oder Social Media.

eMBIS: Wie und wo konkret sollen Unternehmen denn anfangen ihre Ansprache zu verändern?

Simone: Ein guter Startpunkt sind die Touchpoints, an denen Sprache direkt auf potenzielle Bewerbende trifft – zum Beispiel in Stellenanzeigen. Wir arbeiten in der Praxis mit sieben besonders wirkungsvollen Stellschrauben:

Stellentitel:
Schon im Titel sollte gendersensible Sprache erkennbar sein. „Manager:in (m/w/d)“ reicht nicht – besser sind neutrale Begriffe wie „Management“ oder partizipiale Formen wie „Leitende“.

Diversity-Statement:
Bereits im ersten Absatz der Anzeige sollte ein kurzer Hinweis auf gelebte Chancengleichheit und Diversity stehen – idealerweise mit den Begriffen Diversity, Equity, Inclusion. Das wirkt bereits beim Querlesen.

Konsequente Formulierungen im Anzeigentext:
Gendersensible Sprache sollte sich durch den gesamten Text ziehen – nicht nur im Titel. Dazu gehört z. B. der durchgängige Einsatz von neutralen Begriffen wie „Team“ statt „Mannschaft“.

Vermeidung männlich konnotierter Wörter:
Viele Begriffe wie „Mannschaft“ oder „Durchsetzungskraft“ tragen einen sogenannten Male Bias. Diese sollten durch neutrale Alternativen ersetzt werden.

Ausgewogene Adjektive:
Wörter wie „analytisch“ oder „zielorientiert“ gelten als männlich konnotiert, „teamfähig“ oder „kommunikativ“ als weiblich. In Anzeigen sollten beide Typen vorkommen – für ein ausgewogenes Bild.

Angebote für unterschiedliche Lebensrealitäten:
Besonders Frauen achten in Stellenanzeigen weniger auf das Gehalt als auf Benefits wie Weiterbildungen, flexible Arbeitsmodelle oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese sollten klar benannt werden.

Persönliche Ansprechperson:
Wer anonym bleibt, vergibt eine Chance. Eine namentlich genannte Kontaktperson am Ende der Anzeige wirkt verbindlicher – und erhöht die Rücklaufquote.

Diese Punkte sind besonders fürs Recruiting wichtig, aber viele lassen sich auf jede Art von Text übertragen.

eMBIS: Und wie steht es um andere Herausforderungen – etwa Barrierefreiheit?

Simone: Genau da liegt der Knackpunkt: Gendersensible Sprache kann für Menschen mit Sehbehinderung oder geringem Leseverständnis ein Hindernis sein – etwa durch Sternchen oder Doppelpunkte. Deshalb empfehle ich oft die Neutralisierung, also Begriffe wie „Lehrkraft“ oder „Führungsteam“. Das ist inklusiver und lesefreundlicher. Denn Sprache muss nicht nur gendergerecht, sondern auch barrierearm sein.

eMBIS: Wie können Unternehmen eine konsequent gendersensible Sprache sicherstellen?

Simone: Am besten mit einem Sprachleitfaden. Der muss nicht lang sein – ein One-Pager reicht. Darin sollten zentrale Fragen geklärt werden: Welche Genderform verwenden wir? Wie sprechen wir über uns selbst? Wie gehen wir mit englischen Begriffen um? Was ist unser Wording auf Social Media? Ein solcher Leitfaden gibt Sicherheit – und die brauchen die Mitarbeitenden, wenn sie Sprache verändern sollen.

eMBIS: Gibt es Unternehmen, die das schon besonders gut umsetzen?

Simone: Ja. Otto ist ein gutes Beispiel für konsistente, inklusive Sprache – auch jenseits des Genderns. Sie verzichten etwa bewusst auf Begriffe mit kolonialem Hintergrund und haben ihre Systeme entsprechend angepasst. Auch Boehringer Ingelheim geht voran: Für einige Produkte werden bereits Erklärungen in Gebärdensprache eingeblendet. Das ist vorbildlich.

eMBIS: Was ist die wichtigste Frage, die sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Sprache stellen sollten?

Simone: Ganz klar: „Welche Haltung wollen wir nach außen tragen?“ Wer gendern will, muss mit Gegenwind rechnen – wer es nicht tut, aber auch. Deshalb ist eine bewusste Entscheidung wichtig. Und wenn meine Zielgruppe jünger, weiblich oder divers ist, dann ist gendersensible Sprache kein Risiko, sondern ein Wettbewerbsvorteil.

Fakten zu gendersensibler Sprache im Onlinemarketing

Gendersensible Sprache bedeutet mehr als korrektes Formulieren. Sie macht Vielfalt sichtbar, fördert Inklusion und prägt das Markenbild. Gerade in der Marketing-Kommunikation ist es entscheidend, wie wir Menschen ansprechen. Jüngere Zielgruppen und die LGBTQI+-Community achten besonders auf diese Signale – und belohnen Authentizität und Haltung.

  • Sprache prägt Markenwahrnehmung

    Studien zeigen: Gendersensible Texte stärken das Vertrauen in eine Marke und verbessern das Image bei jungen Zielgruppen.

  • Gendern fördert Inklusion

    Eine inklusive Sprache zeigt, dass sich Unternehmen mit gesellschaftlicher Vielfalt auseinandersetzen – das schafft Nähe und Relevanz.

  • Gendern lässt sich trainieren und automatisieren

    Tools und Leitfäden helfen dabei, gendergerechte Sprache konsistent und alltagstauglich einzuführen – ohne großen Aufwand.

Weiterführende Informationen

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